Garmisch-Partenkirchner Tagblatt vom 21.03.2025
Grainau – Wenn morgen und übermorgen die Skicrosser bei der Weltmeisterschaft in St. Moritz um Medaillen kämpfen, wird auch Niklas Bachsleitner mit dabei sein. Nach seiner schweren Verletzung steht der Athlet vom SC Partenkirchen freilich noch nicht auf Brettln, er wird nicht einmal vor Ort in der Schweiz sein, aber doch ist er Teil der Wettkämpfe. Als Co-Kommentator bringt er am (Samstag und Sonntag, jeweils ab 11.30 Uhr) seine Expertise mit ein.
„Ich freu mich drauf“, sagt der Grainauer. „Aber das wird nicht dauerhaft meine neue Aufgabe im Skicross.“ Die sieht er noch ein paar Jahre im direkten Duell mit seinen Kollegen auf der Piste. Denn auch die fünfte schwere Verletzung im sechsten Weltcupjahr hat dem 28-Jährigen nicht die Lust und die Motivation für den Sport genommen.
Kurzer Rückblick: Bachsleitner hatte sich im vergangenen Dezember im ersten Weltcuprennen der Saison in Val Thorens (Frankreich) einen offenen Trümmer-Spiralbruch im linken Unterschenkel zugezogen. Dem vorausgegangen waren in den vergangenen Jahren drei Kreuzbandverletzungen und ein Trümmerbruch der Großzehe. Für viele wäre diese Liste wohl Grund genug zum Aufhören. Im Dezember ging auch dem Sportpolizisten dieser Gedanke durch den Kopf. Doch mit der einsetzenden Heilung trat er immer weiter in den Hintergrund.
Jetzt, rund drei Monate nach dem Sturz in Frankreich, ist sich Bachsleitner sicher: „Ich bin noch nicht fertig mit dem Skicross, ich hab‘ noch Ziele und will wieder mit dabei sein.“ Der Weg dorthin ist ein steiniger. Die Reha körperlich und mental extrem fordernd. „Bei einem Kreuzband kannst du relativ schnell wieder viel machen“, erklärt der SCP-Athlet. „Diesmal lag ich sechs Wochen nur auf der Couch und bin 13 Wochen auf Krücken herumgelaufen.“ Erst nachdem der offene Bruch mit einem Nagel fixiert war und die Wunde zu heilen begonnen hatte, traten die Verletzung an Muskeln und Nerven zu Tage. „Vor allem die seitlichen Muskeln der Wade machen noch große Probleme.“
Auf sechs Wochen Couch folgten fünf Wochen Reha. Inzwischen macht Bachsleitner ambulante Physio und Training zu Hause im Werdenfelser Land. „Der Weg ist echt lang und schmerzhaft, das hab‘ ich anfangs etwas unterschätzt. Aber es geht immer was weiter, vielleicht nicht Tag für Tag, aber Woche für Woche.“ Der 28-Jährige hat die anstehende Olympiasaison noch fest im Blick. „Möglich ist es: Ich, die Trainer und die Ärzte trauen es mir zu.“ Bleibende Schäden am Bein können bereits ausgeschlossen werden, die Heilung verläuft nach Plan. Nur eine kleine Ungewissheit bleibt: Wie der Körper auf den Nagel reagiert. „Einige Athleten sind ihre Karrieren über Jahre mit Nägeln im Bein zu Ende gefahren, bei anderen ging es nicht.“
Die Motivation ist bei Bachsleitner ungebrochen. „Trotz aller Verletzungen gibt der Sport mir so viel mehr als er mir nimmt. Wir sind wie eine Familie, reisen an unglaubliche Orte.“ Doch nicht nur das Drumherum macht den Reiz aus. Bachsleitner war in den vergangenen sechs Jahren immer wieder auf dem Weg zur Weltspitze, klopfte bei den Top-Acht an, belegte 2023 Rang elf im Gesamtweltcup. Die Frage „Wo wäre ich ohne Verletzungen?“ lässt ihn nicht los. „Die würde ich mir gerne beantworten“, gibt er offen zu und ergänzt lachend: „Zeit hab‘ ich ja noch. Der Schweizer Alex Fiva gewinnt schließlich mit 39 auch noch Rennen.“ Neben seinem unbändigen Optimismus gibt ihm auch Kraft, dass der Deutsche Skiverband, Trainer, Teamkollegen und die Polizei als sein Arbeitgeber hinter ihm stehen. „Mir und ihnen würde ich es gerne beweisen.“ Der Weg scheint vorgezeichnet: Reha und Wiederaufbau abschließen, dann zurück auf die Ski. Olympia bleibt das Ziel, nur nicht auf Biegen und Brechen. „Das Körperliche muss zuerst stimmen.“